Reges Interesse an Vernissagen zum Jubiläum

„Konnst di no erinnern?“ – Unzählige Male war dieser Satz am Wochenende in Geisenfeld zu hören. Ausgelöst wurde das nostalgische Schwelgen durch die Dreifachausstellung anlässlich der 700 Jahrfeiern zur Verleihung des Marktrechts, die sich eines regen Besuchs erfreute.

Vernissagen zum Jubiläum

Zunächst wurden die Besucher im ehemaligen Klosternebengebäude an der Münchner Straße von Hausherr Jürgen Hlady begrüßt, der auf die besonderen Heraus-forderungen der Sanierung des heute als Büro und Wohnung genutzten Hauses einging. Der Innenarchitekt dankte in diesem Zusammenhang besonders der Architektenfamilie Finsterer, die mit „ihrem enormen Erfahrungsschatz“ zum Gelingen des Projektes beigetragen hatte und Ludwig Sommerer für die akribische Recherche der Geschichte des Objekts (siehe nebenstehenden Bericht) sowie der Bauverwaltung der Stadt für ihre außergewöhnliche Aufgeschlossenheit.

Vernissagen zum Jubiläum

Vernissagen zum JubiläumAuf reges Interesse stieß am Wochenende eine Dreifachvernissage aus Anlass der 700 Jahre Marktrecht für Geisenfeld, die die Gegenüberstellung historischer und aktueller Stadtansichten (l.), die Dokumentation einer Mustersanierung (Mitte v.l. Stadtrat Hans Schranner im Gespräch mit Bauunternehmer Hans Finsterer) sowie die Ausstellung historischer Ofenkacheln umfasste.

Fotos: Zurek

Bürgermeister Christian Staudter wertete das Ergebnis der Arbeiten als „Juwel“ und erzählte von „jeder Menge nostalgischer Erfahrungen“, die sich für ihn mit dem Gebäude verbinden – allen voran die „tollen Kuchen des Kaffee Kolper“. Im Gespräch mit der GZ äußerten viele Besucher ihre Begeisterung, darunter auch Verwaltungschef Hannes Hetzenecker, der in der Sanierung (ähnlich wie der des Café Maximilians unter der Regie der Stadt) ein „gutes Vorbild“ für die Entwicklung des Ortszentrums sah.

 

Erinnerung in Bildern

Im Rathaus gab es nachfolgend großformatige Gegenüberstellungen alter Aufnahmen herausragender Gebäude des Zentrums mit deren neuer Gestalt zu sehen. Wie der Rathauschef erläuterte, stammen die historischen Karten und Fotografien teils aus dem Stadtarchiv und teils aus dem privaten Fundus von Vitus Hollweck. Die dazu im Kontrast stehenden aktuellen Aufnahmen wurden von Rudi Zablowsky gefertigt, dem Kulturreferentin Henriette Staudter ebenfalls ein herzliches Dankeschön zollte. Den Gästen dienten die Fotos (die nach Ausstellungsablauf zum Selbstkostenpreis von der Stadt erworben werden können) als Anlass, Erinnerungen auszutauschen. Vom Knabenschulhaus, in das man als Schüler „ die Kohlen mitbringen musste, damit überhaupt eingeheizt wurde“, ans alte Brothaus im heutigen Museum oder an die Maximilianssäule, die einst wegen des Baseballspiels amerikanischer Besatzer vom Stadtplatz weichen musste. Noch immer zu kontroversen Diskussionen Anlass gab die Platzierung des Löwendenkmals auf dem Alten Friedhof und manches modernere Gebäude wurde als „Fremdkörper“ eingestuft. Bei Gästen von auswärts überwog hingegen der Eindruck, dass – wie es ein Paar aus Pfaffenhofen ausdrückte – hier „einiges zum Erhalt geschichtsträchtiger Gebäude getan wurde“.

 

Einzigartige Kacheln

Erstaunt nahmen die Zuhörer in der Folge die Ausführungen vom Archäologen Dr. Karl Heinz Rieder zur Kenntnis, der deutlich machte, wie viel die von Marianne Heimbucher ausgegrabenen und restaurierten Kachelfunde über das soziale Umfeld der Familien im geschichtlichen Geisenfeld aussagen. Zu den präsentierten Exponaten gehörten unter anderem Becherkacheln mit Ofenresten, wie „ich sie in meiner ganzen Laufbahn noch nicht ausgegraben habe“, begeisterte sich Rieder. Als herausragend wertete er auch ein Kachelfragment aus dem Jahre 1612, das bei Grabungen im Bereich des ehemaligen Hexenturms zum Vorschein kam und für das man im Rathausarchiv die dazugehörige Zeichnung des Ofens fand (zu sehen im Heimatbuch Weinmayer, S. 13). Nähere Informationen enthält das für fünf Euro erhältliche Begleitheft. Für die musikalische Umrahmung sorgte Gisela Hartl an der keltischen Harfe und an der Flöte, mit selbst komponierten Stücken, die zum Meditieren einluden. Die Ausstellung im Rathaus ist noch bis Oktober zu besichtigen.

 

Fund aus dem Jahr 1774

Eine kleine Überraschung hielt Heimatforscher Ludwig Sommerer für die Dreifachvernissage parat. Er hatte beim „Stöbern“ im Staatsarchiv einen Vertragund Übernahmsbrief vom 9. Mai 1774 entdeckt, der belegt, dass das frisch renovierte Stadthaus etwa 300 Jahre alt sein dürfte. In dem Schreiben, das er in Kopie an Hausherr Jürgen Hlady überreichte, ist die Übernahme zum Preis von 150 Gulden notiert. Nach dem Tod von Michael Geittinger und seiner Frau Anna Maria übernimmt laut Urkunde der Sohn Johann Thomas das Häusl in der Pfarrgasse, den kleinen Hofraum, zwei Gabesstücke und die Schuhmachersgerechtigkeit. Dafür muss er seinen drei Geschwistern Anna Maria, Agatha und Philipp 1775 je acht Gulden ausbezahlen sowie die vorhandenen Schulden übernehmen (an das Kloster die Lehensausstände, an die „Reiche Almosenstiftung“ 50 Gulden, an den Rothgerber Benno Spoff 20 Gulden „alte Lödschuld“ und an den Vormund Fähn 25 Gulden ). Wie es weiter heißt, habe der verstorbene Vater Michael die klosterlehenbare Behausung in der Pfarrgasse „mitls Übergab am 30. Januar 1743 an sich gebracht“ (das heißt wohl, von seinen Eltern übernommen) – sie wurde also in jedem Fall mindestens eine Generation zuvor erbaut .