Text und Fotos: Maggie Zurek

Dem Zauber der Weihnachtsgeschichte erlegen

„Nach diesem Abend glaub ich wieder ans Christkind“ – so hat eine Zuhörerin die Wirkung der „Heiligen Nacht“ in Worte gefasst. Wie sie erlagen fast 600 Besucher dem Zauber der Weihnachtsgeschichte nach Ludwig Thoma, interpretiert von Enrico de Paruta.

Enrico de ParutaTosenden Applaus von den begeisterten Zuhörern hat es für Enrico de Paruta und sein Ensemble am Ende der Aufführung gegeben. Neben der schauspielerischen Leistung des Hauptdarstellers, der in verschiedenste Rollen schlüpfte, würdigte das Publikum damit auch die musikalischen Interpreten – allen voran Tenor Julian Freibott und Kindersopran Alexander Findewirth.

 

Schon eine halbe Stunde vor Beginn der Veranstaltung ist jedem, der in der Innenstadt Geisenfelds vergeblich einen Parkplatz sucht, klar: Hier muss etwas ganz Besonderes im Gange sein. Jene, die zur Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt streben, sind schlecht beraten, wenn sie nicht rechtzeitig ihre Karten einlösen. Trotz zusätzlicher Bestuhlung ist hier schnell bis in die hintersten Reihen alles besetzt.

 

Der Zuschauerraum liegt im Dunkeln, alle Augen sind auf die vom warmen Licht erleuchtete Bühne gerichtet, wobei der Altarraum, wie hie und da raunend zu vernehmen ist, „eine wunderschöne Kulisse“ für diese künstlerische Form der Verkündigung bildet. Auf das Kommende eingestimmt werden die Besucher mit einfühlsamen Bläserklängen.

 

Noch hat das Dellnhauser Quartett (Posaunist Eberhard Ade, Trompeter Robert Egg und Michael Eberwein, Tubist Franz Widmann), das sich 2009 eigens zur Begleitung der „Heiligen Nacht“ formiert hat, auf der Empore Platz genommen. Später wird es hinter dem Altar erklingen.

 

Große Augen

Von der ersten Minute an herrscht konzentrierte Aufmerksamkeit, ein Mädchen in der ersten Reihe verfolgt mit offenem Mund und großen Augen das Geschehen. Und sie ist nicht allein. In den Atempausen des Interpreten könnte man die sprichwörtliche Nadel fallen hören.

 

Die „Heilige Nacht“ aus der Feder Ludwig Thomas ist ein literarisches Werk voll Tiefgang, das die menschliche Seite der Ereignisse um Weihnachten anrührend schildert. Enrico de Paruta nimmt sich des Textes voller Hochachtung an, seine szenische Bearbeitung ist kein theatralisches Überspitzen. Immer sind die Gestalten der Handlung im Fokus, der Darsteller selbst tritt hinter ihnen zurück. Man sieht sie nicht nur leibhaftig vor sich, die naiv gläubige Maria, den verzweifelten Josef und den Geizhals Josias, der ihnen die Herberge verweigert. Man spürt ihren Empfindungen nach, ist gerührt. Dass die Inszenierung nicht in verwaschene Gefühlsduselei abdriftet, ist den geschickten Brüchen der Regie zu verdanken. Exakt platziert, blitzt im rechten Moment Thomas ausgeprägter Sinn für Humor in Gestalt eines keifenden „Weiberts“ oder eines halbtauben Bauern auf.

 

Kraftvolle Poesie

De Paruta hat seine Darstellung über die Jahre abgewandelt, ist immer tiefer eingedrungen in die kraftvolle Poesie der nur vermeintlich einfachen Worte. Statt Textpassagen und Musik nur nebeneinanderzustellen, lässt er sie ineinanderfließen. Setzt mittlerweile auch auf eine wohldosierte Mischung aus alpenländischen und klassischen Klängen, um die Stimmung der Szenen atmosphärisch zu verdichten. Ein sensibles Vorgehen, das nur gelingt, weil die Interpreten die nötige Klasse mitbringen.

 

Der mehrfach preisgekrönte und international bekannte Konzertgitarrist Perry Schack lässt selbst bei Johann Sebastian Bachs „Jesus bleibet meine Freude“ die Orgel nicht vermissen. Kathrin Pechlof glänzt an der Harfe und zeigt schon mit der virtuosen Interpretation von Alphonse Hasselmans Konzert-Etüde „La Source“ ihr Können. Der 21-jährige Julian Freibott, Gesangsstudent und als Tenor bereits zwei Mal Bundespreisträger bei „Jugend musiziert“, verfügt über eine für sein Alter erstaunlich reife Stimme. Einfühlsam und mit einer gewissen unschuldigen Naivität nähert er sich im „Panis Angelicus“ von César Franck dem Mysterium der Geburt Christi. Und dann ist da noch Alexander Findewirth aus Bad Tölz. Als der 13-Jährige sichtlich aufgeregt mit kindlicher Sopranstimme die „Stille Nacht“ anstimmt, trifft er die Zuhörer mitten ins Herz. Wer da nicht ein wenig von der Wärme des Weihnachtswunders spürt, muss zu den „felsenharten Bethle-hemiten“ gehören, die der Legende nach die Geburt des Heilands verschliefen. Im Stehen dankt am Ende das Publikum mit tosendem Applaus für eine außergewöhnliche Bereicherung der „staaden Zeit“ und stimmt mit den Interpreten in ein enthusiastisches „O du fröhliche“ ein.

 

Noch beim Hinausgehen treibt das Geschehen die Besucher um. Während den sechsjährigen Charly das Ambiente und die „großen Bilder mit Engeln“ beeindruckten, gefielen der zehnjährigen Sophia vor allem „die vielen Lieder“. Ein älterer Herr lobte indes die Aufführung als „die beste, die ich je gesehen habe“ und eine Dame betont, dass diese Art der Darbietung auch dank eines „hervorragenden Schauspielers doch viel eindringlicher ist als die bloße Lesung des Textes“. Eine Besucherin, die eigens aus München angereist ist, zeigt sich von der „wunderschönen Interpretation“ begeistert, für die die Stadtpfarrkirche „ein würdiger Rahmen gewesen ist“.