Nostalgische Schmankerl

Ach, die guade, oide Zeit. Irgendwie griawig wars und gmiatlich. Alles hatte mehr Charme, war irgendwie menschlicher, wärmer – freilich sind solche Gedanken pure Nostalgie. Aber nach einem Abend voller "Münchner Raritäten" im Geisenfelder Rathaussaal ist ein wenig Schwelgen erlaubt.

Münchner Raritäten

Stimmlich und in Sachen Humor "gut drauf" zeigten sich die Münchner Altstadtsängerinnen Eva Hawkins (von links), Anneliese Lackermair und Carmen Auchtor beim Bayrischen Abend in Geisenfeld. Ihre instrumentalen Begleiter (im Hintergrund die Familienmusik Mittelhammer) standen ihnen dabei in nichts nach.

 

Die Münchner Altstadt-Sängerinnen Anneliese Lackermair, Eva Hawkins und Carmen Auchtor hatten am Wochenende zum Bayrischen Abend mit Wirtshaus-Couplets und anderen Schmankerln des ausgehenden 19. Jahrhunderts geladen. Mit erfrischender Heiterkeit und ganz ohne Starallüren nahmen sie sich als "gscherte Tratschweiber" und "verblühte Schönheiten" selber auf die Schippe. Gesanglich perfekt aufeinander eingestimmt (von einem scherzhaften Disput mit dem Pianisten "zweng As-Dur" einmal abgesehen) verführten sie die Besucher ein ums andre mal zum Mitsingen.

 

Cool und mit Käppi passte ihr Begleiter Christian Willisohn – "normalerweise" ein begnadeter Bluespianist – auf den ersten Blick nicht ins Szenario. Musikalisch fügte er sich jedoch perfekt ins Drehbuch. An den Tasten wie mit der Ziach. Dabei hatte der Mann am Klavier sogar noch eine besondere Überraschung parat: die Uraufführung des von ihm komponierten Hendl-Walzers, in den das Trio der verrückten "Henna" sehr zur Belustigung des Publikums gleich gackernd mit einstimmte.

 

Die Familienmusik Mittelhammer entführte mitdem Münchner-Kindl-Walzer indes in die Welt der feinen Damen, die mit Sonnenschirm durch Parkanlagen flanieren, wo stattliche Herren ihnen stilvoll den Hof machen. Förmlich vor sich sehen konnte man die feschen Soldaten, die im Stechschritt zu den Klängen des Festmarsches defilieren. Ein großes Kompliment an die Interpreten!

 

Lorenz Kettner von der Gruppe Lesezeichen steuerte schließlich mit verschmitztem Lächeln hintersinnige Geschichten bei. Der leise Humor, dem er dank eines sicheren Gespürs für Pointen Geltung verschaffte, ist seine Stärke. Gelegentlich jedoch trieb er seinen Zuhörern die Tränen in die Augen – etwa wenn er Beamte "türkeln" ließ oder die bayrische Schimpfkultur aus der Sicht eines preußischen Kindes beleuchtete.

 

Nach einem rundweg vergnüglichen Abend, der für die Kinderkrebsklinik in Regensburg knapp 900 Euro einbrachte, mag so mancher sich – frei nach einer Couplet-Zeile – gedacht haben: "Die guade oide Zeit, ach wär sie da noch heit".